3.3 Ermittlung der Volumenstrom- und Druckverteilung

(Formelzeichen bitte Kapitel 3.2 entnehmen)

Numerische Ermittlung der Volumenstrom- und Druckverteilung

Für die mathematische Ermittlung der Verteilung der spezifischen Energie und Volumenströme sowie des Gesamtwiderstandes in Strömungssystemen sind mehrere Iterationsverfahren bekannt, von denen das von Cross [Cross, H.: Analysis of flow in networks of conduits of conductors. Urbana: University of Illinois, 1936] am zweckmäßigsten erscheint.

Bei diesem Verfahren werden zunächst mit einem geschätzten Gesamtwiderstand des Kühlkreislaufnetzes der spezifische Energieverlust und der Volumenstrom näherungsweise festgelegt. Danach kann die voraussichtliche Verteilung des Gesamtwiderstandes auf die einzelnen Zweige des Kreislaufnetzes mit Annahme einer bestimmten Strömungsrichtung und unter Berücksichtigung der aus der Wärmebilanz des Kühlkreislaufes gewonnenen Volumenströme vorgenommen werden. Die Bestätigung für die Richtigkeit der für die einzelnen Maschen eines Kühlkreislaufnetzes gemachten Annahmen wird dann, wenn bei der Volumenstromaufteilung die Bedingung des Knotenpunktgesetzes beachtet wurde, aus der Bedingung des Maschengesetzes gewonnen.

Bezeichnet man den für einen Zweig der Masche angenommenen Volumenstrom mit \dot {V}_{(0)} und den verbesserten Volumenstrom mit \dot {V}_{(1)}, so ergibt sich die erforderliche Verbesserung des Volumenstromes aus

    \[\boldsymbol {\Delta \dot{V}=\dot{V}_{(0)}-\dot{V}_{(1)}}\]

die man in erster Näherung nach obenstehendem Bild  aus

    \[\boldsymbol {\tan\phi=\frac{\sum_{i=1}^z Y_{Vi(0)}}{\Delta\dot{V}}}\]

und

    \[\boldsymbol {\tan\phi=\frac{d\left(\sum_{i=1}^z Y_{Vi}\right)}{d\dot{V}}}\]

zu

    \[\boldsymbol {\Delta \dot V=\frac{\sum_{i=1}^z Y_{V i}}{\frac{d Y_V}{d \dot V}}}\]

findet.

Die Differentiation der Grundgleichung

    \[\boldsymbol {Y_{Vi}=R_i \cdot \dot V_i^2}}\]

nach \dot V ergibt für

    \[\boldsymbol {\frac{dY_{Vi}}{d \dot V_i}=2 \cdot R_i \cdot \dot V_i}\]

so daß für eine Masche mit z Widerständen die Verbesserung aus

    \[\boldsymbol {\Delta \dot V=\frac{\sum_{i=1}^z a_i \cdot R_{i}\cdot \dot V_i \mid \dot V_i\mid}{2 \cdot \sum_{i=1}^z R_i\cdot \dot V_i }}\]

ermittelt werden kann, wobei der Index i über alle Nummern der Teilwiderstände der Masche läuft. Mit dem Vorzeichenfaktor a_i wird festgestellt, ob der mit positivem Vorzeichen angenommene Volumenstrom in oder gegen Maschenströmung fließt, während mit dem Übergang von \dot V^2 zu \dot V_i \mid \dot V_i\mid eine im Zuge der Rechnung sich ergebende Umkehr der Strömungsrichtung berücksichtigt wird.
Mit der Größe \Delta \dot V werden alle Volumenströme einer Masche nach

    \[\boldsymbol {\dot V_\text{i korr}=\dot V_i-a_i \cdot \Delta \dot V}\]

korrigiert.
Da die Korrektur der Volumenströme einer Masche nicht die Widersprüche der Volumenströme in den anderen Maschen eines Kühlkreislaufnetzes aufhebt, muß die Rechnung mit den korrigierten Volumenströmen so lange wiederholt werden, bis eine genügende Konvergenz der Volumenströme erreicht ist, was bei guter Schätzung der Ausgangswerte nach wenigen Iterationen der Fall ist.

 

Grafische Ermittlung der Volumenstrom- und Druckverteilung

Die grafische Ermittlung der Druck- und Volumenstromverteilung in Kühlkreisläufen von Verbrennungsmotoren ist bei Kenntnis der Zweigwiderstände, der Kühlmittelpumpenkennlinie sowie mit Vorgabe des Gesamtvolumenstromes oder der spezifischen Gesamtenergie und der mittleren Kühlmitteldichte möglich.

Die Zusammenfassung der einzelnen Strömungswiderstände erfolgt nach der widerstandsgetreuen Netzumwandlung durch Summierung der Widerstands- und Kühlmittelpumpenkennlinien. Dabei werden bei der Hintereinanderschaltung die spezifischen Energien bei gleichen Volumenströmen und bei der Parallelschaltung die Volumenströme bei gleichen spezifischen Energien summiert. Auf die Wahrung des Charakters der Summenkennlinien hinsichtlich Widerstand oder Kühlmittelpumpe ist bei der Summierung zu achten.

Grafische Lösungen von einfachen Kühlkreisläufen mit hintereinander- und parallelgeschalteten Zweigwiderständen sind gegenüber dem rechnerischen Verfahren zeitaufwendiger. Um den Zeichenaufwand für die grafische Lösung eines umfangreichen Kühlkreislaufes auf ein Mindestmaß beschränken zu können, sind zunächst die Zweigwiderstände, die keine Verkettung von Kühlmittelpumpe und Widerstand ergeben, rechnerisch zusammenzufassen.

In Bild unten sind beispielhaft die graphischen Ermittlungen der Volumenströme und der spezifischen Verlustenergien vergleichend für einen Heizungszweig ohne Heizungspumpe und mit Heizungspumpe dargestellt.

Bei Verwendung der Heizungspumpe ergibt sich durch Zusammenfassung der Heizungspumpenkennlinie und des Heizungsströmungswiderstandes die Summenwiderstandskennlinie R‘. Bei Motorleerlauf und Verwendung der Heizungspumpe ist die spezifische Verlustenergie des Heizungszweiges kleiner als ohne Heizungspumpe. Ab Schnittpunkt der Heizungspumpenkennlinie bei Y = 0 wirkt die Heizungspumpe als zusätzlicher Strömungswiderstand im Heizungszweig, damit wird R‘ größer als R.

 

Rechentechnische Ermittlung der Volumenstrom- und Druckverteilung

Berechnungen von Netzwerken der Kfz-Kühlkreisläufe können mit geeigneten Rechenprogrammen durchgeführt werden. Die Bilder unten zeigen mit den Rechenprogrammen FLOWMASTER2 und FLOWMASTER V7 von mir erstellte und berechnete Netzwerke von PKW – Kühlkreisläufen:

 

Die Strömungswiderstände der Kühlkreislaufbauteile sowie die Pumpenkennlinie werden durch Prüfstandsuntersuchungen ermittelt und in die Datenbank des zu berechnenden Kreislaufes eingegeben. Strömungstechnische Daten zu Kreislaufelementen wie gerade Leitungen, Krümmer, Querschnittsveränderungen, Strömungsverzweigungen usw. werden vom Rechenprogramm aus einer vorliegenden umfangreichen Bibliothek entnommen und nach vom Programmnutzer einzugebenden geometrischen Vorgaben berechnet.

Unterschiedliche Betriebszustände des Kühlkreislaufes wie Thermostat in Richtung Kühler offen, Thermostat in Richtung Kühler geschlossen, Thermostat regelnd, Heizung offen, Heizung geschlossen oder die Schaltzustände der ggf. zu integrierenden Standheizung lassen sich durch Öffnen und Schließen von Stellgliedern nachbilden. Üblich ist die externe Ansteuerung von Flowmaster z.B. über eine Exceldatei mit abzuarbeitenden Drehzahlen und Kühlkreislaufzuständen.

Bei entsprechend detaillierter Vorgabe der Kühlkreislaufvernetzung, der Bauteilwiderstände und der Pumpenkennlinie(n) werden unter Beachtung der Strömungsmitteltemperatur und -zusammensetzung (prozentualer Frostschutzanteil) sowie der gegenseitigen Beeinflussung der Kreislaufwiderstände Abweichungen zur experimentellen Erfassung der Volumenstrom- und Druckverteilung von unter 1% zumindest für Bauteile mit größeren Volumenströmen wie Kühler- oder Ölwärmetauscherzweig erreicht.

Im nachfolgenden Abschnitt 3.4 wird beispielhaft eine Kühlkreislaufberechnung in FM7 dargestellt.

 

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