2.2 Wärmebilanz des Kühlkreislaufes

Wärmestrom des Motors

Der vom Motor auf das Kühlmittel übergehende Wärmestrom ist hauptsächlich abhängig von:

  • der konstruktiven Gestaltung der kühlmittelführenden Teile des Motors
  • dem unmittelbar bei der Umströmung des Motors an die Kühlluft übergehenden Wärmestrom
  • dem mittelbar über das Schmieröl an das Kühlmittel übergehenden Wärmestrom
  • dem Hub-Bohrungs-Verhältnis, der Zylinderzahl und dem Verbrennungsverfahren.

Das Bild unten zeigt das Streufeld für das Verhältnis von Motorwärmestrom und Motorleistung bei Volllast. Es ist etwas drehzahlabhängig und kleiner 1. Ähnliche Kurven im Teillastbereich würden zeigen, dass das Verhältnis von Motorwärmestrom und Motorleistung mit fallender Last auf über  1 steigt.

Mit gestiegenen Motorwirkungsgraden gelten für neu auszulegende Verbrennungsmotoren die Bereiche um die untere Begrenzungslinie der Streufelder. Bei Motorprüfstandsuntersuchungen und Klimawindkanaltests wurden bei Volllast und Nenndrehzahl folgende Verhältnisse für neuentwickelte Kfz-Verbrennungsmotoren ermittelt:

Ottomotor               \bf \dot{Q}_{M}\approx P_{M_{Nenn}}\cdot 0,45...0,55

Dieselmotor            \bf \dot{Q}_{M}\approx P_{M_{Nenn}}\cdot 0,50...0,60

Der bei der Wärmeübertragung von den Brenngasen zum Kühlmittel zu erwartende Temperaturverlauf ist im nachfolgenden Bild dargestellt. Im Mittel beträgt die Brenngastemperatur etwa 800 bis 1000 °C, die Innenwandtemperatur T_{Wi} liegt mit Rücksicht auf Schmierung und Verschleiß bei 150 °C bis maximal 180 °C und soll wegen der Kondensation des Kraftstoffes in Ottomotoren nicht unter 80 °C und bei Dieselmotoren wegen des Korrosionseinflusses durch Schwefelsäure nicht unter dem Taupunkt der Brenngase von 150 °C bis 250 °C liegen. Der Temperaturabfall in der Zylinderwandung ist gering und beträgt etwa 30 K.

Beim Wärmeübergang durch die Zylinderwand ist zu beachten, dass der Wärmedurchgang nicht gleichmäßig verteilt über die gesamte von den Brenngasen berührte Austauschfläche verläuft. Die Oberfläche des Zylinderkopfes und die obere Zylinderlauffläche werden thermisch wesentlich höher beansprucht als die unteren Zylinderlaufflächen. Darum muss dort zur Vermeidung großer Wärmebelastungen (die bis zum Ausschmelzen des Zylindermaterials gehen können) der Wärmeübergang durch entsprechende Wanddicken, Strömungsgeschwindigkeit des Kühlmittels und bei Luftkühlung durch Zylinderverrippung verbessert werden.

Der Wärmeübergang von den Brenngasen zur Zylinderwandung erfolgt durch Konvektion und im geringen Maß durch Strahlung nach

    \[\boldsymbol {\dot{Q}_{G}=\alpha_{G}\cdot A_{i}\cdot\left(T_{G}-T_{W_i}\right)}.\]

Seine Größe ist abhängig vom Verbrennungsverfahren, vom Verbrennungsablauf, von der Größe und Gestalt der Oberfläche, von der Motorbelastung und der Motordrehzahl. Die mittlere Wärmeübergangszahl vom Brenngas zur Zylinderwand hängt von dem im Zylinder wirksamen Druck- und Temperaturverlauf sowie der Ladungsbewegung ab. Sie ist bei aufgeladenen Motoren größer als bei Saugmotoren und liegt im Bereich von = 230…580 J/sm²K.

Die Wärmeleitung in der Zylinderwand ist durch

    \[\boldsymbol {\dot{Q}_{W}=\frac{\lambda_{W}}{\delta_{W}}\cdot A_{W}\cdot \left(T_{W_i}-T_{W_a}\right)}\]

festgelegt. Die Wärmeleitzahl ist werkstoffabhängig. Größere Wanddicken tragen wesentlich dazu bei, dass neben dem senkrecht zur Wandung verlaufenden Wärmefluss auch ein axial und tangential verlaufender Wärmefluss entsteht, durch den hohe lokale Temperaturspitzen abgebaut werden können.

Der Wärmeübergang von der Zylinderwand an das Kühlmittel kann nach

    \[\boldsymbol {\dot{Q}_{K}=\alpha_{K}\cdot A_{a}\cdot\left(T_{W_{a}}-T_{K}\right)}\]

festgelegt werden. Die Wärmeübergangszahl \bf\alpha_{K} ist wesentlich von der Strömungsgeschwindigkeit des Kühlmittels abhängig, die jedoch im Zylinder- und Kopfbereich wegen der komplizierten geometrischen Gestaltung der Kühlmittelkanäle schwer erfassbar ist.

Der gesamte Wärmestrom vom Brenngas zum Kühlmittel lässt sich als Wärmedurchgang aus

    \[\boldsymbol {\dot{Q}_{M}=k\cdot A\cdot \left(T_{G}-T_{K}\right)}\]

ermitteln, wenn die Größen \bf\alpha_{G}, \bf\lambda_{W}, \bf\delta_{W} und \bf\alpha_{K} zur Wärmedurchgangszahl

    \[\boldsymbol {k=\frac{1}{\frac{1}{\alpha_{G}}+\frac{\delta_{W}}{\lambda_{W}}+\frac{1}{\alpha_{K}}}}\]

zusammengefasst werden.

Die Literaturangaben zur Größe der Wärmedurchgangszahl schwanken im Bereich von k = 290…1200 J/m²sK. Der im praktischen Fahrbetrieb tatsächlich vom Motor auf das Kühlmittel übergehende Wärmestrom lässt sich nur in einem mit Klimaanlage und Rollenleistungsprüfstand ausgerüsteten Klimawindkanal oder mit Fahrversuchen bei unterschiedlichen Klima- und Windverhältnissen ermitteln. Dabei haben Untersuchungen im Klimawindkanal gegenüber den Fahrversuchen den Vorteil, dass die vorgesehenen Kühlgrenztemperaturen unabhängig von den jeweils herrschenden atmosphärischen Bedingungen eingehalten werden können. Außerdem lassen sich Motorlast, Fahrgeschwindigkeit, Anhängerlast, Sonneneinstrahlung und Windeinfluss beliebig simulieren und unkompliziert erfassen.

Die Ermittlung des vom Motor an das Kühlmittel abgegebenen Wärmestromes auf Motorprüfständen ist ausreichend genau, wenn die im Fahrbetrieb am Motor auftretenden Umströmungsverhältnisse hinreichend auf dem Prüfstand simuliert werden können. Sollte dies nicht möglich sein, so ist mit erheblichen Differenzen zu rechnen.

Für die Auslegung des Kühlsystems ist es zweckmäßig, den auf das Kühlmittel übergehenden Wärmestrom in Abhängigkeit von Motordrehzahl und Last zu ermitteln, wobei eine Abstufung von 2/3 und 1/3 Volllast im Teillastgebiet als ausreichend erscheint. Aus dem Motorwärmestrom kann unter Berücksichtigung einer zur Vermeidung von Wärmespannungen klein gewählten Kühlmitteltemperaturdifferenz von = 3…8K der für die Wärmeabfuhr am Motor erforderliche Kühlmittelvolumenstrom nach

    \[\boldsymbol {\dot{V}_{M}=\frac{\dot{Q}_{M}}{\varrho_{K}\cdot c_{K}\cdot \Delta T_{M}}=\frac{\dot{m}_{M}}{\varrho_{K}}}\]

in Abhängigkeit von der Motordrehzahl oder für spezielle Auslegungspunktdrehzahlen ermittelt werden. Es werden auch Temperaturdifferenzen bis 15 K über den Motor diskutiert, um eine kleinere Kühlmittelpumpenantriebsleistung zu erreichen.

 

Wärmestromverteilung im Kühlkreislauf

Bei einem einfachen Kühlkreislauf – bestehend aus Motor, Kühler, Kurzschlussleitung und Kühlmittelpumpe – muss der vom Motor an das Kühlmittel übertragene Wärmestrom über den Kühler an die Atmosphäre weitergegeben werden. Unter Vernachlässigung eines Wärmeverlustes in den Kühlmittelleitungen des Kühlkreislaufes wird dem Kühler bei vollständig geöffnetem Thermostat in Richtung Kühler und damit geschlossener Kurzschlussleitung ein Wärmestrom von

    \[\boldsymbol {\dot{Q}_{\text{K\"u}}=\dot{m}_{\text{K\"u}}\cdot c_{K}\cdot \Delta T_{\text{K\"u}}=\dot{Q}_{M}}\]

zugeführt. Bei gleichem Kühlmittelmassenstrom in Motor und Kühler stimmt die Temperaturdifferenz aus Eintritts- und Austrittstemperatur von Motor und Kühler überein, wobei kleine Temperaturdifferenzen den Wärmeübergang an den Bauteilen verbessern, jedoch auch die Kühlmittelpumpenleistung vergrößern.

Im Gegensatz zu diesem einfachen Kühlkreislauf ergeben sich bei kompliziert aufgebauten Kreisläufen der Kühlerwärmestrom und die Wärmeströme anderer Bauteile erst aus der Wärmebilanz des Kühlkreislaufes unter Berücksichtigung der Verkettung der Kreislaufzweige. So würde z.B. für einen komplizierteren Kühlkreislauf (abgesehen von den Betriebsbedingungen, bei denen der Ölwärmetauscher Wärme aufnimmt) Wärme vom Motor und vom Ölwärmetauscher über das Kühlmittel auf Kühler, Heizungswärmeübertrager und Ausgleichbehälter übertragen werden.

Unter Vernachlässigung der von den Zu- und Ableitungen abgestrahlten Wärmemenge wird bei einem Kühlkreislaufbetrieb mit in Richtung Kühler geöffnetem Thermostat und geschlossener Kurzschlussleitung sowie abgesperrter Heizung dann

    \[\boldsymbol {\dot{Q}_{M}+\dot{Q}_{\text{\"OWT}}=\dot{Q}_{\text{K\"u}}+\dot{Q}_{AGB}}\]

und mit Heizungsbetrieb:

    \[\boldsymbol {\dot{Q}_{M}+\dot{Q}_{\text{\"OWT}}=\dot{Q}_{\text{K\"u}}+\dot{Q}_{AGB}+\dot{Q}_{HWT}}\]

Für in Richtung Kühler geschlossenem Thermostat und offener Kurzschlussleitung ohne Heizungsbetrieb und einem Leckvolumenstrom über den Kühler gilt

    \[\boldsymbol {\dot{Q}_{M}+\dot{Q}_{\text{\"OWT}}=\dot{Q}_{\text{K\"u Leck}}+\dot{Q}_{AGB}}\]

und mit Heizungsbetrieb:

    \[\boldsymbol {\dot{Q}_{M}+\dot{Q}_{\text{\"OWT}}=\dot{Q}_{\text{K\"u Leck}}+\dot{Q}_{AGB}+\dot{Q}_{HWT},}\]

wobei messbare Kühlerleckvolumenströme bei geschlossenem Thermostat erfahrungsgemäß erst bei höheren Pumpendrehzahlen und damit größeren Drücken am Thermostateingang durch Aufdrücken des Thermostattellers in Richting Kühler auftreten.

Die Größen der Wärmeströme von Öl- und Heizungswärmetauscher sowie anderer Kühlkreislaufbauteile, z.B. Wärmetauscher des Strömungsbremsensystems, des Strömungsgetriebes, des Aufladesystems, der Abgasrückführung, des Generators und anderer sind bei der Wärmebilanzierung in vorangehenden wärmetechnischen Untersuchungen zu ermitteln oder bei Vorausberechnungen in der Fahrzeugentwicklungsphase entsprechend einzuschätzen.

 

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