5.5 Vorausberechnung des pumpenspezifischen Kavitationswertes

Zur genauen Ermittlung des Kavitationswertes ist man zwingend auf Kavitationsversuche am Pumpenprüfstand angewiesen. Um den Kavitationswert wenigstens grob im Voraus abschätzen zu können, werden in Bohl/Elmendorf: Strömungsmaschinen I und II, Vogel Buchverlag Würzburg (nachfolgend Bohl/Elmendorf genannt) mehrere Verfahren vorgestellt, welche hier angesprochen werden sollen. Aussagen über die Genauigkeiten dieser Verfahren sind nur bei Vergleichen der Berechnungsergebnisse mit am Pumpenprüfstand messtechnisch ermittelten Kavitationskennwerten möglich. Vorgeschlagen wird eine umfangreiche Rückrechnung ausgelegter und kavitationstechnisch vermessener Kfz-Kühlmittelpumpen mit den folgenden Berechnungsvorschriften und anschließendem Vergleich der rechnerischen und messtechnischen Ergebnisse.

 

1. Vorausberechnung über Kavitationsbeiwerte \lambda

Zur Vorausberechnung bzw. Abschätzung des zu erwartenden Kavitationswertes einer radialen Pumpe werden in Bohl/Elmendorf ausgehend von Pfleiderer die Strömungsgeschwindigkeiten am Schaufelradeintritt genutzt:

    \[\boldsymbol {NPSY_R=\lambda_1 \cdot \frac{w_{1a}^2}{2}+\lambda_2 \cdot \frac{c_{1a}^2}{2}}\]

    \[\boldsymbol {\lambda_1 > 0; \,\,\lambda_1\approx0,25...0,35}\]

    \[\boldsymbol {\lambda_2 > 1; \,\,\lambda_2\approx1,10...1,30}\]

Es kann auch die Schreibweise w_0 und c_0 für die Geschwindigkeiten kurz vor der Schaufeleintrittskante verwendet werden.
Zur Ermittlung der Haltedruckhöhe NPSH über die Kavitationsbeiwerte \lambda wird einfach die bekannte Beziehung zu NPSY genutzt:

    \[\boldsymbol {NPSH_R=\frac{NPSY_R}{g}}\]

 

2. Vorausberechnung über die Thoma-Zahl Th_p

Nach Bohl/Elmendorf  ist die Thoma-Zahl als der Quotient aus Haltedruckenergie NPSY und spezifischer Stutzenarbeit (spezifische Förderenergie) Y definiert:

    \[\boldsymbol {Th_P=\frac{NPSY}{Y}}\]

Das P in Th_p weißt hier darauf hin, dass die Werte für eine Pumpe berechnet werden. Es existieren auch Thoma-Zahlen für anlagenbezogene Kavitationswerte und für Wasserturbinen.
Da in der Vorausberechnung eines Pumpenschaufelrades ja der NPSY-Wert noch nicht bekannt ist, muss die Thoma-Zahl empirisch ermittelt werden.

In Bohl/Elmendorf: Strömungsmaschinen I und II, Vogel Buchverlag Würzburg kann die Thoma-Zahl  von einstufigen, einflutigen Radial- und Diagonalpumpen mit spezifischen Drehzahlen n_p < 100 U/min aus einem Diagramm entnommen werden.

Stepanoff gibt für einflutige Radialpumpen und für Diagonal- bzw. Axialpumpen folgende Abschätzformel der Thoma-Zahl an:

    \[\boldsymbol {Th_P=1,22\cdot 10^{-3}\cdot n_q^{4/3}}\]

Die hier vorgestellten Thoma-Zahlen gelten ausschließlich für den Optimalpunkt der Pumpe.
Für die Berechnung des Kavitationswertes mittels der Thoma-Zahl gilt:

    \[\boldsymbol {NPSH_{R\,opt}=Th_P\cdot H_{opt}}\]

Bei bekannter Saugkennzahl (s. nächsten Abschnitt) ergibt sich für die Thoma-Zahl folgender Zusammenhang:

    \[\boldsymbol {Th=\left(\frac{n\cdot \sqrt{{\dot V_{opt}}}}{Y_{opt}^{3/4}}\cdot \frac{1}{S_q}\right)^{4/3}\widehat{=}\left(\frac{n_q}{333}\cdot \frac{1}{S_q}\right)^{4/3}}\]

Der rechte Teil der Gleichung ist mit Vorsicht anzuwenden, da hier die Einheit nicht stimmt. Um die Thoma-Zahl dimensionslos werden zu lassen, müsste die Zahl 333 die Einheit min^{-1} bekommen.

formelzeichen 5 5

3. Vorausberechnung über die dimensionslose Saugkennzahl S_q

Die Kavitationswerte sind, bezogen auf die Radgeometrie, hauptsächlich von den Strömungsbedingungen an der Pumpensaugseite bzw. Radsaugseite abhängig. Deshalb ist es nach Prof. H. Petermann sinnvoll, das Saugverhalten durch eine dimensionslose Saugkennzahl S_q auszudrücken:

    \[\boldsymbol {S_q=n \cdot \frac{\sqrt{\dot{V}_{opt}}}{NPSY^{3/4}}}\]

Im Gegensatz zur Thoma-Zahl ist die Saugkennzahl S_q weniger stark abhängig von der spezifischen Drehzahl n_q.

Für Kreiselpumpen gelten folgende Saugkennzahlen:

S_q = 0,2…0,4      kleine, einfache (billige) Kreiselpumpen

S_q = 0,2…0,4…(0,8)      übliche Kreiselpumpen

S_q = 0,4…0,45      nach Bohl/Elmendorf Radial- und Axialpumpen mit normaler Saugfähigkeit

 S_q > 0,6      Kreiselpumpen mit besonders guter Saugfähigkeit

S_q > 1          Kreiselpumpen mit vorgeschaltetem Inducer

 

Maßnahmen zur Verbesserung der Saugfähigkeit der Maschine sind:
• Wahl kleiner Schaufel-Eintrittswinkel
• kleine Geschwindigkeiten an Saugmund / Saugkante realisieren (Vorziehen der Eintrittskante)

Bei bekannter oder abgeschätzter Saugkennzahl wird dann der Kavitationswert berechnet:

    \[\boldsymbol {NPSY_{R\,opt}=\left(\frac{n\cdot \sqrt{\dot{V}_{opt}}}{S_q}\right)^{4/3}}\]

    \[\boldsymbol {NPSH_{R\,opt}=\frac{1}{g}\cdot \left(\frac{n\cdot \sqrt{\dot{V}_{opt}}}{S_q}\right)^{4/3}}\]

 

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