2.9 Auswahl des Kühllüfters

Der Kühllüfter gehört zur Luftseite des Kühlsystems und wird im Kraftfahrzeug als Axiallüfter ausgeführt und ist somit ebenso wie die Kühlmittelpumpe eine Kreiselmaschine.
Die Lüfterkennlinien werden mit einer geeigneten Prüfeinrichtung als \Delta p, \dot V – oder besser als H, \dot V– bzw. Y, \dot V-Kennfeld bei unterschiedlichen Drehzahlen ähnlich dem Kühlmittelpumpenkennfeld ermittelt.

Besonderheit bei der Luftseite des Kühlsystems ist, dass am Kraftfahrzeugkühler außer der Lüfterdruckerhöhung bzw. der spezifischen Förderenergie des Kühllüfters gleichzeitig ein dynamischer Energieanteil wirkt. Dieser ergibt sich aus der Geschwindigkeit des Fahrzeuges unter Vernachlässigung der Windeinflüsse zu

    \[\boldsymbol {Y_{dyn}=\frac{v_F^2}{2}}\]

und ist durchsatzunabhängig.

Wärmestromverlauf in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit und dem gewählten Gang

 

 

beschriftung

 

 

 

 

Im Bild oben sind für ein Fahrzeug in Abhängigkeit von Fahrgeschwindigkeit und Getriebeübersetzungen beispielhaft für die ersten 3 Gänge die vom Motor über den Kühler an die Luft abzuführenden Wärmeströme dargestellt. Der maximale Wärmestrom des Motors bleibt in allen Gängen erhalten. Mit dem Kühlerwärmekennfeld, dem Kennfeld des Lüfters sowie dem luftseitigen Strömungswiderstand kann dann die Kurve für die mit dem Kühllüftermengenstrom mögliche Wärmeabfuhr ermittelt werden, die ohne dynamischen Energieanteil eintreten würde. Die Differenz zwischen beiden Kurven nimmt in allen Gängen mit fallender Motordrehzahl sowie mit kleiner werdendem Wärmestrom bei Teillast des Motors zu, so dass sich daraus bereits die Notwendigkeit zur Regelung des Luftstromes ableitet. Die mit der Kühlluft mögliche Wärmeabfuhr nimmt mit dem Staueinfluss, besonders in den großen Gängen, stark zu. Zur Konstanthaltung der Kühlmitteltemperatur und auch zur Verminderung der Lüfterantriebsleistung muss eine Regelung des Luftdurchsatzes erfolgen.

Die Regelung der Kühlmitteltemperatur über die Veränderung des Luftdurchsatzes am Kühler kann durch

  • Drosselregelung
  • Drehzahlregelung
  • aerodynamische Regelung oder
  • Aussetzregelung

erfolgen.

 

Drosselregelung

Bei der Drosselung wie unten dargestellt  wird der Volumenstrom des Lüfters durch das thermostatisch, elektrisch oder von Hand eingeleitete Schließen einer vor dem Kühler angebrachten Jalousie verkleinert, die den Strömungswiderstand erhöht.

Diese einfache Regelung kann in Verbindung mit der kühlmittelseitigen Regelung bei Fahrzeugen vorgesehen werden. Zu einer Leistungseinsparung am ungeregelten Lüfter kommt es meist nicht, da mit der Volumenstromverkleinerung gleichzeitig der Wirkungsgrad des Lüfters abfällt.

 

Stufenlose Drehzahlregelung

Die stufenlose Drehzahlregelung der Lüfter ist energetisch am günstigsten, weil die Leistung mit der 3.Potenz der Drehzahl bei annähernder Konstanz des Wirkungsgrades verringert wird. Die Drehzahländerung nach Bild unten wird im praktischen Betrieb durch hydrodynamische, hydrostatische oder elektrische Lüfterantriebe, seltener durch mechanische erreicht.

Beim hydrodynamischen Lüfterantrieb wird zwischen Motor und Lüfter eine Strömungskupplung geschaltet, die durch thermostatisch beeinflußte Füllungsänderung der Kupplung eine Variierung der Lüfterdrehzahl gestattet.
Beispiel für einen hydrodynamischen Lüfterantrieb ist die sog. Visco-Lüfterkupplung der Firma Behr. Sie besitzt zur Drehmomentübertragung eine in einem mit hochviskosem Silikon gefüllten Gehäuse laufende Antriebsscheibe. Durch temperaturabhängige Änderung der Gehäusefüllung kann die Drehzahl stufenlos verändert werden.

Hydrostatische Lüfterantriebe bestehen aus Hydropumpe und Hydromotor, die mit Ölleitungen über einen Ölbehälter und Regeleinrichtungen miteinander verbunden sind. Die vom Motor angetriebene Hydropumpe liefert die Energie, die zum Antrieb des mit dem Lüfterrad verbundenen Hydromotors erforderlich ist. Durch eine thermisch beeinflusste Bypassregelung des Ölstromes lässt sich die Lüfterdrehzahl stufenlos ändern. Gleichzeitig kann über den Ölkreislauf bei Anordnung eines entsprechenden Zweiges die Kühlerjalousie betätigt werden. Hydromotor und -pumpe können, wenn der Lüfter am Motor angeordnet ist, als Baueinheit zusammengefasst werden. Bei Unterflur- und Heckmotoren lassen sich bei hydrostatischem Lüfterantrieb Motor und Kühler unabhängig voneinander anordnen.

Elektromotorische Lüfterantriebe mit durch hochfrequenter Taktregelung realisierter stufenloser Drehzahlregelung können für Fahrzeuge mit kleiner oder mittlerer Motorleistung verwendet werden. Bei höheren notwendigen Luftvolumenströmen steigt die erforderliche Baumasse stark an.

 

Aerodynamische Regelung

Die aerodynamische Mengenstromregelung des Lüfters durch Verstellen des Lüfterlauf- oder -leitrades ist, wie das Bild unten zeigt, mit einer Verschlechterung des Lüfterwirkungsgrades verbunden und insbesondere bei der Laufradverstellung sehr bauaufwendig.

 

Aussetzregelung

Mit Aussetzbetrieb arbeitende Lüfterkupplungen werden temperaturabhängig zu- und abgeschaltet. Dabei muß das Einkuppeln zur Vermeidung einer schlagartigen Belastung der Lüfterbauteile sowie des Antriebes möglichst weich erfolgen. Andererseits führt ein langer Kupplungsvorgang zu erhöhtem Verschleiß an den Kupplungsreibbelägen. Um ein laufendes Zu- und Abschalten des Lüfters im Einzelfall zu vermeiden, ist das Kühlsystem so auszulegen, das die Staudruckenergie über große Betriebszeiträume zur Wärmeabfuhr ausreicht. Bei den mechanischen Lüfterkupplungen für den Aussetzbetrieb wird der Kraftschluß mittels Bremstrommeln bzw. -scheiben hergestellt, deren Bremsbacken mit temperaturabhängig wirkenden Dehnstoffelementen oder Bimetallelementen betätigt werden. Elektromagnetische Lüfterkupplungen besitzen einen Magnetkörper, der die zum Kraftschluß erforderliche Kraft erzeugt, wenn temperaturabhängig Elektroenergie zugeführt wird.

Elektromotorisch angetriebene Lüfter mit einem in der Lüfternabe angeordneten Motor, die mittels Temperaturschalter zu- und abgeschaltet werden können, haben den Vorteil, daß sie unabhängig von der Einbaulage des Motors an einer für die Wärmeabfuhr günstigen Stelle des Kraftfahrzeuges angeordnet werden können. Außerdem kann die Drehzahl des Lüfters optimal ausgelegt werden, da bei dieser Antriebsart, im Gegensatz zum Antrieb mit mechanischen und elektromagnetischen Lüfterkupplungen, die Lüfterdrehzahl unabhängig von der Motordrehzahl konstant bleibt.

 

Auswahl des Kühllüfters unter Berücksichtigung des Staueinflusses

Aus den luftseitigen Strömungswiderständen und dem erforderlichen Kühlluftvolumenstrom kann für den Auslegungspunkt des Kühlsystems über

    \[\boldsymbol {R_{L}=\frac{Y_L}{\dot{V}_L^2}}\]

die erforderliche spezifische Förderenergie des Lüfters unter Berücksichtigung des bei der Fahrzeugbewegung auftretenden Staueinflusses ermittelt und der Kühllüfter ausgewählt werden. Bei der Lüfterauswahl ist zu beachten, dass nicht nur im Auslegungspunkt des Kühlsystems optimale kühlluftseitige Strömungsverhältnisse vorliegen, sondern auch für alle anderen Betriebsfälle des Kühlsystems. Im Einzelnen gilt:

  • Wirkt in einem Kfz-Kühlsystem nur der Staueinfluss, so kann unter Vernachlässigung des Windeinflusses der Kühlluftdurchsatz im Schnittpunkt der auf die Fahrgeschwindigkeit bezogenen Kennlinie der spezifischen Stauenergie und der Kennlinie des kühlluftseitigen Strömungswiderstandes in einem  Y, \dot V– Diagramm (Bild unten links) ermittelt werden.
  • Die durchgesetzten Kühlluftvolumenströme bei Staueinfluss erreichen, wie aus Bild unten links ersichtlich, erst bei größeren Fahrgeschwindigkeiten die zur Wärmeabfuhr auf der Kühlluftseite des Kühlsystemserforderlichen Größen (der Auslegungspunkt des Kühlsystems liegt jedoch häufig im Bereich kleiner Fahrgeschwindigkeiten), so dass Kühllüfter eingesetzt werden müssen.

Beim Antrieb eines Kühllüfters in Abhängigkeit von der Motordrehzahl ergeben sich die im Bild oben rechts dargestellten Verhältnisse.

Trägt man in einem Y, \dot V— Diagramm für die im Bild dargestellten Verhältnisse die Lüfterkennlinie für Leerlauf- und Maximaldrehzahl unter Beachtung eines R-Wertes für Kühler und sonstige im Kühlluftstrom liegende Bauteile wie Steinschlaggitter, Jalousie und Luftführungskanäle ein, so erhält man – im Schnittpunkt von Lüfterkennlinie und Widerstandskennlinie – die Arbeitspunkte A5 und A2. Daraus lässt sich die drehzahlabhängige Mengenstromverteilung \dot V = \dot V_5 -  \dot V_2 ableiten, die ohne Staueinfluss für eine Drehzahländerung von n_{max}  auf die Leerlaufdrehzahl n_{min} eintritt. Bewegt sich das Fahrzeug, so müssen die in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit ermittelten, vom Luftdurchsatz unabhängigen dynamischen Energieanteile zur jeweiligen Lüfterkennlinie summiert werden. Der Lüfterdurchsatz erhöht sich damit wesentlich. Die eigentlichen Arbeitspunkte des Lüfters verlagern sich mit steigendem Staueinfluss so, dass der Lüfter schließlich als Turbine wirkt.

Bei stehendem Fahrzeug, also ohne Staueinfluss, bilden Lüfter- und Strömungswiderstandskennlinie des Kühlsystems den Arbeitspunkt A2 für den Leerlauf und A5 für die Maximaldrehzahl des Motors. Bei fahrendem Fahrzeug ergeben sich unter Berücksichtigung des Staueinflusses, der in obigem Bild nur für eine Fahrgeschwindigkeit dargestellt ist, nach Summierung der spezifischen Förderenergie des Kühllüfters und der spezifischen Stauenergie für die Leerlaufdrehzahl des Motors die Arbeitspunkte A3 für das Kühlsystem und A4 für den Lüfter und für die Maximaldrehzahl des Motors A6 für das Kühlsystem und A7 für den Lüfter. Der Kühlluftdurchsatz vergrößert sich dabei mit steigendem Staueinfluss bei gleichzeitiger Verlagerung der Lüfterarbeitspunkte, so dass der Lüfter unter Umständen, wie im Arbeitspunkt A4, als Turbine arbeitet.

Bei stehendem Kühllüfter stellt sich, wenn der wirksam werdende zusätzliche Strömungswiderstand des Lüfters vernachlässigt wird, der Arbeitspunkt A1 für die dargestellte spezifische Stauenergie ein.

Beim Antrieb des Kühllüfters mit einer von der Motordrehzahl unabhängigen konstanten oder variablen Drehzahl im Bereich von n_{min} bis n_{max} ergibt sich sinngemäß nach obigem Bild der Arbeitspunkt auf der Strömungswiderstandskennlinie des Kühlsystems zwischen den Arbeitspunkten A2 und A5 ohne Staueinfluss sowie A3 und A6 mit Staueinfluss.

Im folgenden Bild ist der bei PKW-Kühllüftern und allgemein bei Heizungslüftern gebräuchliche elektromotorische Antrieb mit konstanter Drehzahl in Abhängigkeit von Fahrgeschwindigkeit und Strömungswiderstandsänderung beim Abschalten des Lüfters dargestellt.

Bei Stillstand des Fahrzeuges stellt sich bei zugeschaltetem Lüfter der Arbeitspunkt A_{L0} auf der Kennlinie des Strömungswiderstandes R‘ des Kühlsystems und bei Bewegung des Fahrzeuges die Arbeitspunkte A'_1, A'_2 und A'_3 des Kühlsystems sowie die Arbeitspunkte A_{L1}, A_{L2} und A_{L3} entsprechend den Fahrgeschwindigkeiten v_{F1}, v_{F2} und v_{F3} ein.
Beim Abschalten des Lüfters wirkt im Kühlsystem kühlluftseitig der Strömungswiderstand R, welcher wegen des stehenden Kühllüfters größer ist als der Strömungswiderstand R‘, und es stellen sich die Arbeitspunkte A_1, A_2 und A_3 entsprechend den Fahrgeschwindigkeiten ein, deren Kühlluftvolumenströme unterhalb einer bestimmten Fahrgeschwindigkeit zunächst kleiner als mit Lüfterunterstützung sind (\dot V_1 < \dot V'_1), jedoch oberhalb dieser bestimmten Fahrgeschwindigkeit größer als mit Lüfterunterstützung werden (\dot V_2 > \dot V'_2 , \dot V_3 > \dot V'_3).

Anhand der aufgeführten Beispiele wird deutlich, dass der Kühlluftdurchsatz wesentlich von der Größe des   kühlluftseitigen Strömungswiderstandes  des  Kühlsystems, dem Kennfeld des Kühllüfters, dem Staueinfluss und den eingebauten Regeleinrichtungen bestimmt wird. Darum reichen die auf einen Auslegungspunkt bezogenen Aussagen nicht zur Auswahl des Kühl- bzw. Heizungslüfters aus. Es müssen dabei sämtliche im Fahrbetrieb mögliche Belastungen des Kfz-Kühlsystems untersucht und daraus entsprechende Schlussfolgerungen für die Kennfeldform der Kühl- bzw. Heizungslüfter sowie deren Regeleinrichtungen gewonnen werden.

 

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