5.7 Kriterien zur Beeinflussung der Kavitationswerte

Es ist bekannt, dass eine Vielzahl von Kriterien sowohl die Größe des Kavitationswertes als auch den Kurvenverlauf der Kavitationskennlinien beeinflussen. Die (vermeintlich) gravierendsten Einflüsse auf den Kavitationsverlauf und den Kavitationsbeginn werden hier dargestellt. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass eine umfassende und vollständige Erklärung aller Einflussfaktoren wesentlich mehr Aufwand sowohl recherchemäßig als auch ggf. Kfz-pumpenbezogen messtechnisch, also ein messtechnischer Nachweis für unsere Pumpenbauarten, erfordert.

 

a) Einfluss auf den geringsten Druck p_{min} bzw. die größte Geschwindigkeit c_{max}

Kavitation beginnt bei kleinen statischen Drücken und großen dynamischen Druckanteilen, also bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten. Kleine Drücke und hohe Strömungsgeschwindigkeiten sind am Schaufelradeintritt zu erwarten. Nach Bohl/Elmendorf: Strömungsmaschinen I und II, Vogel Buchverlag Würzburg wir der kleinste Druck strömungstechnisch beeinflusst durch

– Reibungsverluste
– Grenzschichten
– Strömungsablösungen
– Wirbel
– Turbulenzen
– Wandrauigkeiten.

Konstruktiv wird der kleinste Druck beeinflusst durch

– Schaufelgeometrie (Eintrittswinkel, Schaufeldicke)
– Kontur der vorderen und hinteren Radscheibe
– Nabenkontur
– Spalt
– Entlastungsbohrungen
– Zulaufgeometrie
– Saugmunddurchmesser.

Auf den Spalteinfluss wird unten in f) nochmals genauer eingegangen.

 

b) Die Eigenschaftseinflüsse der Förderflüssigkeit

Neben den im Wesentlichen durch die Pumpenkonstruktion wirkenden Kavitationseinflüssen bestimmen die Flüssigkeitseigenschaften sowohl Beginn als auch Verlauf der Kavitation. Diese Einflüsse sind nach Bohl/Elmendorf: Strömungsmaschinen I und II, Vogel Buchverlag Würzburg
– Gehalt an gelöstem Gas
– Gehalt an ungelöstem Gas (Kavitationskeime)
– Oberflächenspannung
– Wärmeleitung

Auf den Gaseinfluss wird unten näher eingegangen.
Bei Verwendung eines Kühlmittelgemisches sind die Stoffwerte unbedingt vom Hersteller zu beschaffen und zu verwenden. Schon verschiedene Kühlmittel eines Herstellers unterscheiden sich wesentlich z.B. in Dichte und Dampfdruck! Auch Kühlmittel von unterschiedlichen Herstellern weisen Stoffwertedifferenzen auf. Nachfolgendes Bild zeigt vergleichend diese Unterschiede bei verschiedenen Herstellern für kinematische Viskosität und Dichte, die Dampfdruckwerte müssten separat beschafft werden:

 

c) Einflüsse der Mess- und Beobachtungsmethoden

Sowohl das Prüfverfahren als auch die Anordnung von Prüfstandselementen wie z.B. Drosselorgane oder Flüssigkeitsbehälter mit entsprechendem Luftpolster können Einfluss auf Größe und Verlauf der Kavitation haben.

Beobachtet wurde von mir speziell für unsere zu betrachtenden Kfz-Kühlmittelpumpen, dass auf einem Prüfstand mit großem Beruhigungsbehälter kleinere Kavitationswerte ermittelt wurden als bei Kavitationsmessungen bei Verwendung der gleichen Pumpe am Motorblock und mit PKW-Ausgleichbehälter. Hier beeinflussen also die kühlkreislaufspezifischen Strömungsverhältnisse bereits die Höhe der Kavitation. Aber auch die Fluidführung vom Beruhigungsbehälter am Pumpenprüfstand bis zur Saugseite der zu vermessenden Pumpe kann den Kavitationswert beeinflussen, z.B. mit strömungsungünstigem Behälterauslauf, engen Leitungskrümmungsradien und zu kleinen Einlaufstrecken z.B. nach Drosselorganen. Es ist auch auf eine ausreichende Blasenabscheidung im Behälterluftpolster zu achten, damit die Luftblasen nicht sofort wieder in Richtung Behälterausgang zur Pumpensaugseite gezogen werden.

Bei Verwendung einer Hilfspumpe zur Mengenregulierung ist darauf zu achten, dass diese Hilfspumpe nicht zeitiger in Kavitation geht als die zu vermessende Pumpe. Dies kann z.B. der Fall sein bei hohen Volumenströmen und ungünstigen Zuströmverhältnissen zu der Hilfspumpe, z.B. wenn sie nicht permanent im Prüfstandskreis geschaltet ist und über einen parallelen Zweig mit vielen Krümmungen zugeschaltet wird. Verhindert werden kann die Kavitation der Hilfspumpe, wenn der Prüfstandsbehälter zwischen Hilfspumpe und Prüfpumpe angeschlossen wird.

Bekannte Einflüsse der Mess- und Beobachtungsmethoden werden unter Kapitel 5.9 ‘Kavitationsmessungen und Kavitationskennlinien’ besprochen.

 

d) Temperatureinfluss

Eigentlich sollte der Kavitationswert wenigstens in gewissen Grenzen temperaturunabhängig sein, da ja vom kritischen Saugdruck (z.B. bei 3%igem Förderhöhenabfall) der Dampfdruck bei der jeweiligen Messtemperatur abgezogen wird. Nach Bohl/Elmendorf: Strömungsmaschinen I und II, Vogel Buchverlag Würzburg besteht jedoch ein großer Temperatureinfluss auf den Kavitationswert. Dies wird damit erklärt, dass bei niedrigen Temperaturen größere Dampfvolumina als bei höheren Temperaturen gebildet werden. Diese großen Dampfvolumina versperren die Strömungskanäle in Strömungsrichtung mehr als bei höheren Temperaturen. Damit wird das Kavitationskriterium 3%iger Förderhöhenabfall bei kleineren Temperaturen eher erreicht, entsprechende  Kurvenverläufe können aus Bohl/Elmendorf entnommen werden.

Aus den in Bohl/Elmendorf dargestellten Diagrammen zum Temperatureinfluss auf den Kavitationswert bei verschiedenen Flüssigkeiten können für unsere relevanten Betriebszustände NPSH-Verbesserungen von immerhin 0,5m bei Messung bei 100°C gegenüber Messung bei Zimmertemperatur erreicht werden. Dies würde  bei einem absoluten Kavitationswert von z.B. 5m eine 10%ige Verbesserung bedeuten.

Bei Kaviationsuntersuchungen an Kfz-Kühlmittelpumpen wurde bei Temperatursteigerung von 63°C auf 93°C eine Verbesserung des Kavitationswertes um 3,6% erreicht und damit die vorangegangenen Feststellungen zum Temperatureinfluss bestätigt.

 

e) Gasgehalteinfluss

Nach Bohl/Elmendorf: Strömungsmaschinen I und II, Vogel Buchverlag Würzburg beeinflusst der Gasgehalt den Kavitationsvorgang, also den Kavitationswert, als auch die Stärke der Kavitationserosion. Im untenstehenden Bild ist dargestellt, dass mit steigendem Gasgehalt der Kavitationswert zunimmt:

Oftmals ergibt sich ein auch schon von mir bei Kavitationsuntersuchungen beobachteter ‘Sattel’ in der Kavitationskennlinie, d.h. nach leichtem Abfall der Förderhöhe ergibt sich ein Plateau gleicher Förderhöhe bis sie steil abfällt. Dies wird auch in Bohl/Elmendorf: Strömungsmaschinen I und II, Vogel Buchverlag Würzburg so dargestellt und deutet damit auf gelöste Luft im Fördermittel hin, wobei der Sattel bei kleinem Luftgehalt kurz ist und zu größeren Luftgehalten hin immer länger wird. Problematisch ist, wenn der Sattel schon im Kavitationskriterium 3%iger Förderhöhenabfall liegt. Damit würde wegen der gelösten Luft ein viel zu hoher Kavitationswert ausgewiesen werden. Hier empfiehlt es sich, für 100% Förderhöhe einen Durchschnittswert von Beginn der Druckabsenkung bis Ende des Sattels in der Förderhöhenkennlinie zu bilden.

Es wird vermutet, dass ein ständiger, gleichmäßiger Abfall der Förderhöhe bzw. des Förderdruckes bei Saugdruckabsenkung ebenfalls auf Luft im Kreislauf hindeutet:

Die Luft muss dabei nicht zwingend in gelöster Form vorliegen, sondern vermutet wird, dass sie bei obiger Messung z.B. in unentlüfteten Stellen als Luftblase vorhanden war. Bei Entspannung im Luftpolster des Kreislaufbehälters, also Absenkung des Kreislauf- und damit Saugdruckes, vergrößern sich diese Luftblasen und versperren immer weiter den Flüssigkeitsstrom. Ob obiger Kennlinienverlauf durch gelöste Luft oder Luftblasen an bestimmten Stellen verursacht wurde, kann an dieser Stelle nicht bewiesen werden, jedoch soll der Kurvenverlauf zeigen, wie er bei Luft im Kreislauf aussehen könnte.
Vorgeschlagen wird eine Recherche, ob mit geeigneten Sensoren der Luft- bzw. Gasgehalt des Fördermittels wiederholungssicher festgestellt werden kann. Ggf. können dann solche Sensoren im Prüfbetrieb beim Pumpenhersteller eingesetzt werden, um nicht wegen zu hohen Gas- bzw. Luftgehaltes zu große Kavitationswerte zu ermitteln.

 

f) Einfluss von Schaufelradspalt und Entlastungsbohrungen

Die Spaltgeometrie, also Spaltlänge und Spaltweite, hat einen großen Einfluss auf den Kurvenverlauf der Kavitationswerte. In Bohl/Elmendorf: Strömungsmaschinen I und II, Vogel Buchverlag Würzburg wird der  Kavitationseinfluss bei Messungen mit unterschiedlichen Spaltweiten gezeigt, allerdings nicht bei Verwendung eines in Kühlkreisläufen für Motoren üblichen Fluidgemisches. Leider ist auch nicht der Optimalpunkt eingezeichnet, so dass die Übertragbarkeit auf unsere Kfz-Pumpen fraglich erscheint. Die Tendenz mit teilweise stark abnehmendem Kavitationswert bei kleineren Spalten sollte jedoch gültig sein.

Aussagen auf den Einfluss der Entlastungsbohrungen (eigentlich Spülbohrungen für die dynamische Pumpendichtung) auf den Kavitationswert sind nur möglich, wenn entsprechende Messungen, z.B. Vergleiche mit und ohne Entlastungsbohrungen, durchgeführt werden. Es wird angenommen, dass hohe Entlastungsbohrungs-Volumenströme den Kavitationswert negativ beeinflussen, da diese Volumenströme senkrecht auf die Schaufelkanal-Volumenströme auftreffen.

 

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